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Verfasst: Montag 16. Januar 2006, 15:20
von sarah
Morgensonne im Winter

Auf den eisbedeckten Scheiben
fängt im Morgensonnenlichte
Blum und Scholle an zu treiben...

Löst in diamantnen Tränen
ihren Frost und ihre Dichte,
rinnt herab in Perlensträhnen...

Herz, o Herz, nach langem Wähnen
laß auch deines Glücks Geschichte
diamantne Tränen schreiben!


Christian Morgenstern


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(mein fenster heute morgen...)

Verfasst: Dienstag 10. Januar 2006, 16:23
von Heckenbraunelle
Schlag deine Augen auf im Sonnenschein.
Laß allen Glanz der Welt tief in dich ein,
bis ganz dein Herz davon durchleuchtet ist,
und selber du ein Stücklein Sonne bist,
das aus sich selber wärmend widerstrahlt,
und auch noch trübe Tage goldig malt.

- Verfasser leider unbekannt -

Verfasst: Montag 9. Januar 2006, 19:22
von sarah
Hyazinthe

Zwiesprache möcht ich mit dir pflegen,
Du liebes frommes Wunderkind,
Von deines Atems mildem Segen
Fühl ich den Hauch so lieb und lind.

Doch ob der schöne Mund auch offen,
Schließt doch die Lippe sich nicht zu;
Ich kann auf keine Antwort hoffen,
Ich müßt ein Kind sein so wie du.

Aber warum die Blumen sind? Nicht allein um die Menschen zu ergötzen, wie sie dünkelhaft meinen.
Um ihrer selbst nur und ihrer hohen Aufgabe willen sind, prunken und duften sie.


Christian Wagner (1835 bis 1918)

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Verfasst: Sonntag 1. Januar 2006, 18:34
von wolkentanz
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Verfasst: Dienstag 27. Dezember 2005, 19:54
von wolkentanz
erinnerung

noch verbindet
uns die erinnerung
an vergangene tage

aber jeder neuer tag
entfernt uns
für die zukunft

© by wolkentanz

Verfasst: Montag 26. Dezember 2005, 19:59
von sarah
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...

Verfasst: Montag 26. Dezember 2005, 14:05
von sarah

Großstadt-Weihnachten


Nun senket sich wieder auf die heimschen Fluren
die Weihenacht! die Weihenacht!
Was die Mamas bepackt nach Hause fuhren,
wir kriegens jetzo freundlich dargebracht.

Der Asphalt glitscht. Kann Emil das gebrauchen?
Die Braut kramt schämig in dem Portemonnaie.
Sie schenkt ihm, teils zum Schmuck und teils zum Rauchen,
den Aschenbecher aus Emalch glasé.

Das Christkind kommt! Wir jungen Leute lauschen
auf einen stillen heiligen Grammophon.
Das Christkind kommt und ist bereit zu tauschen
den Schlips, die Puppe und das Lexikohn.

Und sitzt der wackre Bürger bei den Seinen,
voll Karpfen, still im Stuhl, um halber zehn,
dann ist er mit sich selbst zufrieden und im reinen:
"Ach ja, son Christfest is doch ooch janz scheen!"

Und frohgelaunt spricht er vom Weihnachtswetter,
mag es nun regnen oder schnein.
Jovial und schmauchend liest er seine Morgenblätter,
die trächtig sind von süßen Plauderein.

So trifft denn nur auf eitel Glück hienieden
in dieser Residenz Christkindleins Flug?
Mein Gott, sie mimen eben Weihnachtsfrieden ...
"Wir spielen alle. Wer es weiß, ist klug."

Kurt Tucholsky (1890 - 1935)

Verfasst: Montag 26. Dezember 2005, 11:01
von Ginny
Morgenstund hat Gold im Mund:s19:
2. Weihnachtstag 2005

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Verfasst: Freitag 23. Dezember 2005, 00:05
von sarah
Kapitel XXI

In diesem Augenblick erschien der Fuchs.
"Guten Tag", sagte der Fuchs.
"Guten Tag", antwortete höflich der kleine Prinz, der sich umdrehte, aber nichts sah.
"Ich bin da", sagte die Stimme, "unter dem Apfelbaum ..."
"Wer bist du?" sagte der kleine Prinz. "Du bist sehr hübsch ..."
"Ich bin ein Fuchs", sagte der Fuchs.
"Komm und spiel mit mir", schlug ihm der kleine Prinz vor. "Ich bin so traurig ..."
"Ich kann nicht mit dir spielen", sagte der Fuchs. "Ich bin noch nicht gezähmt!"
"Ah, Verzeihung!" sagte der kleine Prinz.
Aber nach einiger Überlegung fügte er hinzu:
"Was bedeutet 'zähmen'?"
"Du bist nicht von hier", sagte der Fuchs, "was suchst du?"
"Ich suche die Menschen", sagte der kleine Prinz. "Was bedeutet 'zähmen'?"
"Die Menschen", sagte der Fuchs, "die haben Gewehre und schießen. Das ist sehr lästig. Sie ziehen auch Hühner auf. Das ist ihr einziges Interesse. Du suchst Hühner?"
"Nein", sagte der kleine Prinz, ich suche Freunde. Was heißt 'zähmen'?"
"Zähmen, das ist eine in Vergessenheit geratene Sache", sagte der Fuchs. "Es bedeutet, sich 'vertraut machen'."
"Vertraut machen?"
"Gewiß", sagte der Fuchs. "Noch bist du für mich nichts als ein kleiner Junge, der hunderttausend kleinen Jungen völlig gleicht. Ich brauche dich nicht, und du brauchst mich ebensowenig. Ich bin für dich nur ein Fuchs, der hunderttausend Füchsen gleicht. Aber wenn du mich zähmst, werden wir einander brauchen. Du wirst für mich einzig sein in der Welt. Ich werde für dich einzig sein in der Welt ..."
"Ich beginne zu verstehen", sagte der kleine Prinz. "Es gibt eine Blume ... ich glaube, sie hat mich gezähmt ..."
"Das ist möglich", sagte der Fuchs. "Man trifft auf der Erde alle möglichen Dinge ..."
"Oh, das ist nicht auf der Erde", sagte der kleine Prinz.
Der Fuchs schien sehr aufgeregt:
"Auf einem anderen Planeten?"
"Ja."
"Gibt es Jäger auf diesem Planeten?"
"Nein."
"Das ist interessant! Und Hühner?"
"Nein."
"Nichts ist vollkommen!" seufzte der Fuchs.
Aber der Fuchs kam auf seinen Gedanken zurück:
"Mein Leben ist eintönig. Ich jage Hühner, die Menschen jagen mich. Alle Hühner gleichen einander, und alle Menschen gleichen einander. Ich langweile mich also ein wenig. Aber wenn du mich zähmst, wird mein Leben wie durchsonnt sein. Ich werde den Klang deines Schrittes kennen, der sich von allen andern unterscheidet. Die anderen Schritte jagen mich unter die Erde. Der deine wird mich wie Musik aus dem Bau locken. Und dann schau! Du siehst da drüben die Weizenfelder? Ich esse kein Brot. Für mich ist der Weizen zwecklos. Die Weizenfelder erinnern mich an nichts. Und das ist traurig. Aber du hast weizenblondes Haar. Oh, es wird wunderbar sein, wenn du mich einmal gezähmt hast! Das Gold der Weizenfelder wird mich an dich erinnern. Und ich werde das Rauschen des Windes im Getreide liebgewinnen."
Der Fuchs verstummte und schaute den kleinen Prinzen lange an.
"Bitte ... zähme mich!" sagte er.
"Ich möchte wohl", antwortete der kleine Prinz, "aber ich habe nicht viel Zeit. Ich muß Freunde finden und viele Dinge kennenlernen."
"Man kennt nur die Dinge, die man zähmt", sagte der Fuchs. "Die Menschen haben keine Zeit mehr, irgend etwas kennenzulernen. Sie kaufen sich alles fertig in den Geschäften. Aber da es keine Kaufläden für Freunde gibt, haben die Leute keine Freunde mehr. Wenn du einen Freund willst, so zähme mich!"
"Was muß ich da tun?" sagte der kleine Prinz.
"Du mußt sehr geduldig sein", antwortete der Fuchs. "Du setzt dich zuerst ein wenig abseits von mir ins Gras. Ich werde dich so verstohlen, so aus dem Augenwinkel anschauen, und du wirst nichts sagen. Die Sprache ist die Quelle der Mißverständnisse. Aber jeden Tag wirst du dich ein bißchen näher setzen können ..."
Am nächsten Morgen kam der kleine Prinz zurück.
"Es wäre besser gewesen, du wärst zur selben Stunde wiedergekommen", sagte der Fuchs. "Wenn du zum Beispiel um vier Uhr nachmittags kommst, kann ich um drei Uhr anfangen, glücklich zu sein. Je mehr die Zeit vergeht, um so glücklicher werde ich mich fühlen. Um vier Uhr werde ich mich schon aufregen und beunruhigen; ich werde erfahren, wie teuer das Glück ist. Wenn du aber irgendwann kommst, kann ich nie wissen, wann mein Herz da sein soll ... Es muß feste Bräuche geben."
"Was heißt 'fester Brauch'?" sagte der kleine Prinz.
"Auch etwas in Vergessenheit Geratenes", sagte der Fuchs. "Es ist das, was einen Tag vom andern unterscheidet, eine Stunde von den andern Stunden. Es gibt zum Beispiel einen Brauch bei meinen Jägern. Sie tanzen am Donnerstag mit den Mädchen des Dorfes. Daher ist der Donnerstag der wunderbare Tag. Ich gehe bis zum Weinberg spazieren. Wenn die Jäger irgendwann einmal zum Tanze gingen, wären die Tage alle gleich und ich hätte niemals Ferien."
So machte denn der kleine Prinz den Fuchs mit sich vertraut. Und als die Stunde des Abschieds nahe war:
"Ach!" sagte der Fuchs, "ich werde weinen."
"Das ist deine Schuld", sagte der kleine Prinz, "ich wünschte dir nichts Übles, aber du hast gewollt, daß ich dich zähme ..."
"Gewiss", sagte der Fuchs.
"Aber nun wirst du weinen!" sagte der kleine Prinz.
"Bestimmt", sagte der Fuchs.
"So hast du also nichts gewonnen!"
"Ich habe", sagte der Fuchs, "die Farbe des Weizens gewonnen."
Dann fügte er hinzu:
"Geh die Rosen wieder anschauen. Du wirst begreifen, daß die deine einzig ist in der Welt. Du wirst wiederkommen und mir adieu sagen, und ich werde dir ein Geheimnis schenken."

Der kleine Prinz ging, die Rosen wiederzusehn.
"Ihr gleicht meiner Rose gar nicht, ihr seid noch nichts", sagte er zu ihnen. "Niemand hat sich euch vertraut gemacht, und auch ihr habt euch niemandem vertraut gemacht. Ihr seid, wie mein Fuchs war. Der war nichts, als ein Fuchs wie hunderttausend andere. Aber ich habe ihn zu meinem Freund gemacht, und jetzt ist er einzig in der Welt."
Und die Rosen waren sehr beschämt.
"Ich seid schön, aber ihr seid leer", sagte er noch. "Man kann für euch nicht sterben. Gewiss, ein Irgendwer, der vorübergeht, könnte glauben, meine Rose ähnle euch. Aber in sich selbst ist sie wichtiger als ihr alle, da sie es ist, die ich begossen habe. Da sie es ist, die ich unter den Glassturz gestellt habe. Da sie es ist, die ich mit dem Wandschirm geschützt habe. Da sie es ist, deren Raupen ich getötet habe (außer den zwei oder drei um der Schmetterlinge willen). Da sie es ist, die ich klagen oder sich rühmen gehört habe oder auch manchmal schweigen. Da es meine Rose ist.

Und er kam zum Fuchs zurück.
"Adieu", sagte er ...
"Adieu", sagte der Fuchs. "Hier mein Geheimnis. Es ist ganz einfach: Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar."
"Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar", wiederholte der kleine Prinz, um es sich zu merken.
"Die Zeit, die du für deine Rose verloren hast, sie macht deine Rose so wichtig."
"Die Zeit, die ich für meine Rose verloren habe ...", sagte der kleine Prinz, um es sich zu merken.
"Die Menschen haben diese Wahrheit vergessen", sagte der Fuchs. "Aber du darfst sie nicht vergessen. Du bist zeitlebens für das verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast. Du bist für deine Rose verantwortlich ..."
"Ich bin für meine Rose verantwortlich ...", wiederholte der kleine Prinz, um es sich zu merken.

(Aus Antoine de Saint Exupéry: "Der kleine Prinz")

Verfasst: Donnerstag 22. Dezember 2005, 23:04
von Ginny
When the snow falls wunderbar
And the Children happy are,
When the Glatteis on the Street,
and we all a Glühwein need,
Then you know, es ist soweit:
She is here, the Weihnachtszeit:s22:


Aus einem Lied von Udo Jürgens

Verfasst: Donnerstag 22. Dezember 2005, 23:02
von Ginny
Feine Geschichte, richtig schön, danke:s21:

Verfasst: Dienstag 20. Dezember 2005, 13:10
von Heckenbraunelle
sorry, es passt zwar nicht so ganz in die jahreszeit - hab's aber zufällig gerad entdeckt und find es wunderschön:



Ursprung der Rose


Den Rosenzweig benagt ein Lämmchen auf der Weide,
Es tuts nur sich zur Lust, es tuts nicht ihm zuleide.
Dafür hat Rosendorn dem Lämmchen abgezwackt
Ein Flöckchen Wolle nur; es ward davon nicht nackt.

Das Flöckchen hielt der Dorn in scharfen Fingern fest;
Da kam die Nachtigall und wollte baun ihr Nest.

Sie sprach: "Tu auf die Hand und gib das Flöckchen mir,
Und ist mein Nest gebaut, sing ich zum Danke Dir. "

Er gab, sie nahm und baut, und als sie nun gesungen,
Da ist am Rosendorn vor Lust die Ros entsprungen!

Friedrich Rückert (1788 -1866)

Verfasst: Freitag 25. November 2005, 16:24
von sarah
winterjasmin ende november...

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Verfasst: Mittwoch 23. November 2005, 19:05
von Flower
Oh Sarah, deine Bilder sind einfach ein Traum.

Verfasst: Montag 21. November 2005, 18:42
von sarah
Abendwolken

Wolken seh ich abendwärts
Ganz in reinste Glut getaucht,
Wolken ganz in Licht zerhaucht,
Die so schwül gedunkelt hatten.
Ja! mir sagt mein ahnend Herz:
Einst noch werden, ob auch spät,
Wann die Sonne niedergeht,
Mir verklärt der Seele Schatten.

Ludwig Uhland


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Verfasst: Montag 7. November 2005, 13:55
von sarah
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1. Letzte Rose, wie magst du
So einsam hier blühn?
Deine freundlichen Schwestern
Sind längst, schon längst dahin.
Keine Blüte haucht Balsam
Mit labendem, labendem Duft,
Keine Blätter mehr flattern
In stürmischer Luft.

2. Warum blühst du so traurig
Im Garten allein?
Sollst im Tod mit den Schwestern,
Mit den Schwestern vereinigt sein.
Drum pflück ich, o Rose,
Vom Stamme, vom Stamme dich ab,
Sollst ruhen mir am Herzen
Und mit mir, ja mit mir im Grab.


Friedrich Wilhelm Riese 1847
bekannt aus der Oper "Martha" von Flotow

Verfasst: Freitag 4. November 2005, 18:38
von Flower
wunderschön, mit einem Wort ist alles gesagt.

Verfasst: Donnerstag 3. November 2005, 09:23
von Heckenbraunelle
Herbst

Schon ins Land der Pyramiden
Flohn die Störche übers Meer;
Schwalbenflug ist längst geschieden,
Auch die Lerche singt nicht mehr.

Seufzend in geheimer Klage
Streift der Wind das letzte Grün;
Und die süßen Sommertage,
Ach, sie sind dahin, dahin!

Nebel hat den Wald verschlungen,
Der dein stillstes Glück gesehn;
Ganz in Duft und Dämmerungen
Will die schöne Welt vergehn.

Nur noch einmal bricht die Sonne
Unaufhaltsam durch den Duft,
Und ein Strahl der alten Wonne
Rieselt über Tal und Kluft.

Und es leuchten Wald und Heide,
Daß man sicher glauben mag,
Hinter allem Winterleide
Lieg' ein ferner Frühlingstag.

- Theodor Storm (1817 - 1888) -