Heute gibt es etwas Geschichtliches aus Bremen. Wir waren im Haus des Reichs, früher das Gebäude der Nordwolle. Wer Interesse hat, kann
hier ein bisschen mehr über das Gebäude erfahren.
Aber bevor wir starten, ein Bild der Bauhörde (und Mieter). Ich fand das Treppenhaus so nett:s22:
Aber nun zur Führung:
Die Familie Lahusen war Anfang des 20. Jahrhunderts einer der bedeutetesten Wollhändler der Welt. 25% des Welthandels wurde durch sie abgewickelt. Um einen repräsentativen Firmensitz zu haben, beschlossen sie Anfang der 20iger Jahre, ihre Adresse von Delmenhorst nach Bremen zu verlegen und kauften dort in der der Nähe des Hauptbahnhofes mehrere Grundstücke und ließen sich ein herausragendes Bürogebäude bauen, das z.T. auch vermietet war. Es war ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben. Die Brüder Lahusen entschieden sich für die Außenfassade für den Entwurf der Brüder Gildemeister, die mit diesem Auftrag ihre erste große Arbeit ausführten. Der Innenhof ist von einem Hamburger Architekten gestaltet worden. 1928 wurde mit dem Bau begonnen, 1931 war er fertig. Kurz darauf musste Nordwolle Insolvenz anmelden. Die Brüder Lahusen, die 4. Generation der Familie, hatte sich grandios verkalkuliert und dieses Unternehmen an die Wand gefahren. Sie kamen wegen Verschleppung der Insolvenz vor Gericht und wurden auch verurteilt. Das Haus wurde dann von der Finanzbehörde des Reichs übernommen - daher der Name des Hauses und der Reichsadler am Portal.
Ich habe von der Außenfassade kein Bild gemacht, weil es schlicht und ergreifend unmöglich ist, keine Passanten mit aufs Foto zu bekommen. Aber die drei Seiten des Portals habe ich fotografiert. Die Fassade ist aus Wesersandstein gebaut. Es sind noch Spuren der Blattgoldauflage zu erkennen.
Der Reichsadler - er durfte bleiben, weil er, wie bei vielen anderen Reichszeichen üblich war, kein Hakenkreuz hat. "Leider" hatte der Handwerker, der es 1942 nachsetzen sollte, nie Zeit....
Durch diese Drehtür kommt man in die Eingangshalle des Hauses. Damals war er den Brüdern Lahusen und seinem Ankermieter, einer Privatbank, vorbehalten. Die "einfachen" Angestellten mussten durch den Dienstboteneingang (der m.M. nach viel schöner ist, aber das kommt noch.)
Die Marmortreppe (unmöglich bei Sonnenschein vernünftig zu fotografieren) führte in die Belle Etage
Auf dieser Etage waren die Büroräume - in Wirklichkeit waren es Bürosuiten der Nordwollebesitzer. Es sind noch drei von diesen Räumen im Originalzustand erhalten und werden auch durch den Denkmalschutz behütet. Da es aber ganz normal benutzte Büroräume sind, u.A. von der Finanzsenatorin, durfte ich dort keine Fotos machen. Einer der Räume ist holzvertäfelt mit Ulmenholz = Rüsterholz. Das Holz ist so gleichmäßig, dass eine Frau fragte, ob es Laminat sei. Die Deckenlampen sind die typischen Art Deco-Lampen mit den nach oben offenen Glasschalen. Die Farben dieser Räume: Rot und Grün. Der Konferenzraum, schalldicht isoliert, hatte sogar schon eine Klimaanlage. Die Türen auf der Belle Etage sind aus Makassarholz = Ebenholz gefertigt und so gestaltet, dass man das Gefühl hat, das Muster lebt.
Die einzelnen Etagen waren mit den Paternostern zu erreichen. Leider sind sie im Moment gesperrt, weil bei dem Starkregen vor zwei Wochen das Kellergeschoss volllief und die Technik der Aufzüge ausfiel. Es ist zwar repariert, aber der TÜV muss jetzt wieder eine Abnahme machen.
Der Maschinenraum im Keller ist dem Kommandostand eines Schiffes nachempfunden. In dem Jahr, als das Gebäude errichtet wurde, lief gerade die "Bremen" vom Stapel, da kam wahrscheinlich die Idee her. Auch hier alles in Marmor.
Bevor wir auf die Dachterrasse im 6. Stock liefen (nicht alle:s22:), warfen wir noch einen Blick auf den Innenhof
Dies ist das Treppenhaus der Angestellten von Außen (die Fassade ist aus Rotstein/Klinker, ist durch die Sonne etwas verfälscht)
Und so sieht das "einfache" Treppenhaus von Innen aus
nach oben fotografiert
nach unten fotografiert
Die Decke vom Treppenhaus - ein Glasmosaik
Treppengeländer aus Messing, die Wände sind aus Travertin
Die Führung hat zwei Stunden gedauert. Anschließend gab es noch Kaffee und Kuchen auf der Dachterrasse. Weil es so diesig war, haben sich die Fotos von dort oben über die Altstadt von Bremen leider nicht gelohnt. Ich habe nur noch den Wallgraben aufgenommen.
So, das war nun sehr viel Text. Ich hoffe, es hat Euch ein bisschen gefallen.
