Texte & Bilder II
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Pfingstrose
Verhaucht sein stärkstes Düften
Hat rings der bunte Flor,
Und leiser in den Lüften
Erschallt der Vögel Chor.
Des Frühlings reichstes Prangen
Fast ist es schon verblüht –
Die zeitig aufgegangen,
Die Rosen sind verblüht.
Doch leuchtend will entfalten
Päonie ihre Pracht,
Von hehren Pfingstgewalten
Im tiefsten angefacht.
Gleich einer späten Liebe,
Die lang in sich geruht,
Bricht sie mit mächtgem Triebe
Jetzt aus in Purpurglut.
Ferdinand von Saar (1833-1906)
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Wollte nicht der Frühling kommen?
Wollte nicht der Frühling kommen?
War nicht schon die weiße Decke
von dem Rasenplatz genommen
gegenüber an der Ecke?
Nebenan die schwarze Linde
ließ sogar schon (sollt ich denken)
von besonntem Märzenwinde
kleine, grüne Knospen schwenken.
In die Herzen kam ein Hoffen,
in die Augen kam ein Flüstern -
und man ließ den Mantel offen,
und man blähte weit die Nüstern...
Ja, es waren schöne Tage.
Doch sie haben uns betrogen.
Frost und Sturm und Schnupfenplage
sind schon wieder eingezogen.
Zugeknöpft bis an den Kiefer
flieht der Mensch die Gottesfluren,
wo ein gelblichweißer, tiefer
Schnee versteckt die Frühlingsspuren.
Sturmwind pfeift um nackte Zweige,
und der Rasenplatz ist schlammig.
In mein Los ergeben neige
ich das Auge. Gottverdammich!
Erich Mühsam (1878-1934)
Wollte nicht der Frühling kommen?
War nicht schon die weiße Decke
von dem Rasenplatz genommen
gegenüber an der Ecke?
Nebenan die schwarze Linde
ließ sogar schon (sollt ich denken)
von besonntem Märzenwinde
kleine, grüne Knospen schwenken.
In die Herzen kam ein Hoffen,
in die Augen kam ein Flüstern -
und man ließ den Mantel offen,
und man blähte weit die Nüstern...
Ja, es waren schöne Tage.
Doch sie haben uns betrogen.
Frost und Sturm und Schnupfenplage
sind schon wieder eingezogen.
Zugeknöpft bis an den Kiefer
flieht der Mensch die Gottesfluren,
wo ein gelblichweißer, tiefer
Schnee versteckt die Frühlingsspuren.
Sturmwind pfeift um nackte Zweige,
und der Rasenplatz ist schlammig.
In mein Los ergeben neige
ich das Auge. Gottverdammich!
Erich Mühsam (1878-1934)
Mit Schneegewölken grau bekleidet
Mit Schneegewölken grau bekleidet,
Großschrittig kommt der Wintertag;
Das öde Thal bleibt unbeweidet
Wo sonst der Schäfer lauschend lag.
Der Klee, die Blumen sind gestorben,
Und jeder Baum steht lockenlos,
Die Birkenblätter sind verdorben
Und modern auf der Erde Schooß.
Mein Freund, der muntre Phaon, trotzet
Dem Winter, der zu herrschen weiß;
Auf seinem dunklen Rocke strotzet
Mit Kunst gemachtes Silber-Eis.
Wie Zöpfe, in der Nacht gefroren,
Des Morgens blinken an dem Dach,
So blinkt das, was die Kunst geboren,
Und meine Augen werden schwach.
Geblendet wird mir mein Gesichte:
Sein Hut stellt eine Landschaft vor,
Wo nicht der Taxus, nicht die Fichte
Den Schmuck des krausen Haars verlor.
Es blinkt daher an seinen Schläfen,
Wie Flocken, die der Frost gestählt,
Die alle Schönheit überträfen
Die Gott zur Lilie gewählt.
Du schöner Winter, sey gegrüßet
Auf Phaons Stirn, auf seiner Brust
Ihr prachterfüllten Fichten müsset
Erschüttern oft bei seiner Lust,
Ihr Felle der erwürgten Thiere,
Erwärmt ihn stärker; daß er nicht
Die Lust zum heißen Kuß verliere,
Und nie das Roth im Angesicht.
Anna Louisa Karsch
Come, rest in this bosom, my own stricken deer,
Though the herd have fled from thee, thy home is still here;
Here still is the smile, that no cloud can o'ercast,
And a heart and a hand all thy own to the last.
Oh! what was love made for, if 'tis not the same
Through joy and through torment, through glory and shame?
I know not, I ask not, if guilt's in that heart,
I but know that I love thee, whatever thou art.
Thou hast called me thy Angel in moments of bliss,
And thy Angel I'll be, 'mid the horrors of this, -
Through the furnace, unshrinking, thy steps to pursue,
And shield thee, and save thee, - or perish there too!
Lord Byron
'wildrosen mit hortensie'
Though the herd have fled from thee, thy home is still here;
Here still is the smile, that no cloud can o'ercast,
And a heart and a hand all thy own to the last.
Oh! what was love made for, if 'tis not the same
Through joy and through torment, through glory and shame?
I know not, I ask not, if guilt's in that heart,
I but know that I love thee, whatever thou art.
Thou hast called me thy Angel in moments of bliss,
And thy Angel I'll be, 'mid the horrors of this, -
Through the furnace, unshrinking, thy steps to pursue,
And shield thee, and save thee, - or perish there too!
Lord Byron
'wildrosen mit hortensie'
Heute im Bornimer Foerstergarten
Die bunten Astern
Die bunten Astern sind wie ein Regenbogen
In den nassen Garten eingezogen,
Wie Gesichter, die schon etwas frieren.
Die großen Äpfel an den Spalieren
Die hängen wie trutzige Köpfe dort;
Bald trägt sie mein Schatz in der Schürze fort.
Der Morgen ist kalt, und die Blätter sind alt;
Bald hat die Nacht ständig die Obergewalt.
Und wenn die Astern den Garten verlassen,
Wird der Winter die Menschen anfassen.
Trag Jeder seinen Garten bei Zeiten ins Haus,
Bei einem Schatz geht der Sommer nicht aus.
Max Dauthendey 1867 - 1918
Die bunten Astern
Die bunten Astern sind wie ein Regenbogen
In den nassen Garten eingezogen,
Wie Gesichter, die schon etwas frieren.
Die großen Äpfel an den Spalieren
Die hängen wie trutzige Köpfe dort;
Bald trägt sie mein Schatz in der Schürze fort.
Der Morgen ist kalt, und die Blätter sind alt;
Bald hat die Nacht ständig die Obergewalt.
Und wenn die Astern den Garten verlassen,
Wird der Winter die Menschen anfassen.
Trag Jeder seinen Garten bei Zeiten ins Haus,
Bei einem Schatz geht der Sommer nicht aus.
Max Dauthendey 1867 - 1918
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An die Wolken
Es jagen die Stürme
Am herbstlichen Himmel
Die fliehenden Wolken;
Es wehen die Blätter
Des Haines hernieder,
Es hüllt sich in Nebel
Das ferne Gebirg.
O jaget, Ihr Wolken,
In stürmender Eile.
Ihr ziehet nach Süden,
Wo freundlich die Sonne
Den wehenden Schleier
Euch liebevoll schmücket
Mit goldenem Saum.
Mich trieben die Stürme
Des Schicksals nach Norden
Dort mangelt mir ewig
Die Sonne der Freude,
Und nimmer verkläret
Ihr Lächeln die Wolken
Des düsteren Sinnes.
Und darum geleit' ich
Mit Seufzern der Sehnsucht
Euch, luftige Bilder
Der wechselnden Laune
Des ewigen Himmels,
Und flüchtete gerne
Nach Süden mit euch.
Charlotte von Ahlefeld (1781-1849)
Es jagen die Stürme
Am herbstlichen Himmel
Die fliehenden Wolken;
Es wehen die Blätter
Des Haines hernieder,
Es hüllt sich in Nebel
Das ferne Gebirg.
O jaget, Ihr Wolken,
In stürmender Eile.
Ihr ziehet nach Süden,
Wo freundlich die Sonne
Den wehenden Schleier
Euch liebevoll schmücket
Mit goldenem Saum.
Mich trieben die Stürme
Des Schicksals nach Norden
Dort mangelt mir ewig
Die Sonne der Freude,
Und nimmer verkläret
Ihr Lächeln die Wolken
Des düsteren Sinnes.
Und darum geleit' ich
Mit Seufzern der Sehnsucht
Euch, luftige Bilder
Der wechselnden Laune
Des ewigen Himmels,
Und flüchtete gerne
Nach Süden mit euch.
Charlotte von Ahlefeld (1781-1849)
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Im Herbst
Der schöne Sommer ging von hinnen,
Der Herbst, der reiche, zog ins Land.
Nun weben all die guten Spinnen
So manches feine Festgewand.
Sie weben zu des Tages Feier
Mit kunstgeübtem Hinterbein
Ganz allerliebste Elfenschleier
Als Schmuck für Wiese, Flur und Hain.
Ja, tausend Silberfäden geben
Dem Winde sie zum leichten Spiel,
Sie ziehen sanft dahin und schweben
Ans unbewußt bestimmte Ziel.
Sie ziehen in das Wunderländchen,
Wo Liebe scheu im Anbeginn,
Und leis verknüpft ein zartes Bändchen
Den Schäfer mit der Schäferin.
Wilhelm Busch
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Die Schwärme wilder Dohlen
Es türmen sich Laubkronen in die Nacht,
Drinnen die Schwärme wilder Dohlen wohnen.
Als habe Baum bei Baum grell aufgelacht,
So sprangen plötzlich alle Vögel aus dem Traum;
Sie haben sich mit kreischendem Geschalle
Und langen Flügelschlägen aufgemacht.
Und ich bin drunten unterm Laub gegangen
Auf Wegen finster wie von toten Kohlen,
Und meine Sehnsucht hat mit allen Dohlen
Zu schreien und zu schlagen angefangen. -
Doch meine Schuhe gingen mit mir weiter
Einförmig auf den angeklebten Sohlen.
Max Dauthendey 1867 - 1918
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Im Frühling
Hier lieg ich auf dem Frühlingshügel:
Die Wolke wird mein Flügel,
Ein Vogel fliegt mir voraus.
Ach, sag mir, all-einzige Liebe,
Wo du bleibst, dass ich bei dir bliebe!
Doch du und die Lüfte, ihr habt kein Haus.
Der Sonnenblume gleich steht mein Gemüte offen,
Sehnend,
Sich dehnend
In Lieben und Hoffen.
Frühling, was bist du gewillt?
Wann werd ich gestillt?
Die Wolke seh ich wandeln und den Fluss,
Es dringt der Sonne goldner Kuss
Mir tief bis ins Geblüt hinein;
Die Augen, wunderbar berauschet,
Tun, als schliefen sie ein,
Nur noch das Ohr dem Ton der Biene lauschet.
Ich denke dies und denke das,
Ich sehne mich, und weiß nicht recht, nach was:
Halb ist es Lust, halb ist es Klage;
Mein Herz, o sage,
Was webst du für Erinnerung
In golden grüner Zweige Dämmerung?
- Alte unnennbare Tage!
Eduard Mörike (1804-1875)
Hier lieg ich auf dem Frühlingshügel:
Die Wolke wird mein Flügel,
Ein Vogel fliegt mir voraus.
Ach, sag mir, all-einzige Liebe,
Wo du bleibst, dass ich bei dir bliebe!
Doch du und die Lüfte, ihr habt kein Haus.
Der Sonnenblume gleich steht mein Gemüte offen,
Sehnend,
Sich dehnend
In Lieben und Hoffen.
Frühling, was bist du gewillt?
Wann werd ich gestillt?
Die Wolke seh ich wandeln und den Fluss,
Es dringt der Sonne goldner Kuss
Mir tief bis ins Geblüt hinein;
Die Augen, wunderbar berauschet,
Tun, als schliefen sie ein,
Nur noch das Ohr dem Ton der Biene lauschet.
Ich denke dies und denke das,
Ich sehne mich, und weiß nicht recht, nach was:
Halb ist es Lust, halb ist es Klage;
Mein Herz, o sage,
Was webst du für Erinnerung
In golden grüner Zweige Dämmerung?
- Alte unnennbare Tage!
Eduard Mörike (1804-1875)
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Frühlingsgedränge
Frühlingskinder im bunten Gedränge,
Flatternde Blüthen, duftende Hauche,
Schmachtende, jubelnde Liebesgesänge
Stürzen an's Herz mir aus jedem Strauche.
Frühlingskinder mein Herz umschwärmen,
Flüstern hinein mit schmeichelnden Worten,
Rufen hinein mit trunkenem Lärmen,
Rütteln an längst verschlossenen Pforten.
Frühlingskinder, mein Herz umringend,
Was doch sucht ihr darin so dringend?
Hab' ich's verrathen euch jüngst im Traume,
Schlummernd unter dem Blüthenbaume?
Brachten euch Morgenwinde die Sage,
Daß ich im Herzen eingeschlossen
Euren lieblichen Spielgenossen,
Heimlich und selig - ihr Bildniß trage
Lenau, Nikolaus (1802-1850)
Frühlingskinder im bunten Gedränge,
Flatternde Blüthen, duftende Hauche,
Schmachtende, jubelnde Liebesgesänge
Stürzen an's Herz mir aus jedem Strauche.
Frühlingskinder mein Herz umschwärmen,
Flüstern hinein mit schmeichelnden Worten,
Rufen hinein mit trunkenem Lärmen,
Rütteln an längst verschlossenen Pforten.
Frühlingskinder, mein Herz umringend,
Was doch sucht ihr darin so dringend?
Hab' ich's verrathen euch jüngst im Traume,
Schlummernd unter dem Blüthenbaume?
Brachten euch Morgenwinde die Sage,
Daß ich im Herzen eingeschlossen
Euren lieblichen Spielgenossen,
Heimlich und selig - ihr Bildniß trage
Lenau, Nikolaus (1802-1850)